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Woher stammt unser täglich Salz?

Wie archäologische Funde in Hallstatt darlegen, erlangte das “weiße Gold” bereits in frühester Vorzeit eine wichtige wirtschaftliche Bedeutung und wurde, wie der Name vermuten lässt, oftmals mit Gold aufgewogen. Salz erfreut sich selbst im 21. Jhd. nach wie vor großer Beliebtheit.

In Deutschland werden im Jahr rund 14 Millionen Tonnen Salz gefördert. Hiervon landen jedoch nur knapp 3% als Speisesalz auf den Tellern restriktive im Salzstreuer und weitere 5% werden als Gewerbesalz in der Lebensmittelindustrie verarbeitet. Der mengenmäßig größte Anteil des Salzes findet in der Industrie sowie als Auftausalz auf unseren Straßen Verwendung.

 

Die im Salz enthaltenen Natriumionen Na+ erfüllen in unserem Körper eine Reihe an lebensnotwendigen Funktionen, darunter fällt der Flüssigkeitshaushalt und die Regulierung des Blutdrucks.

Kochsalz stellt nach wie vor die wichtigste Natriumquelle für den Körper dar. Daher kommt der Kochsalzzufuhr aus gesundheitspolitischen Überlegungen große Bedeutung zu. Heute wird dem Salz oftmals als schlagendes Verkaufsargument zusätzlich eine nicht wissenschaftlich fundierte, mystische/esoterische Wirkung zugesprochen. Bestes Beispiel hierfür ist das oftmals aus Polen stammende „Himalayasalz“.

Die wichtigste Natriumquelle ist das Kochsalz. Anhand des Natriumgehalts auf der Nährwertangabe kann auf den Salzgehalt zurückgeschlossen werden.

Umrechnungsfaktor von Natrium zu Salz: 1 g Natrium ist in 2.54 g Salz enthalten.

Die Sucht nach Salzigem

Salzig zählt neben süß, sauer, bitter und umami zu den fünf Hauptgeschmacksrichtungen. Eine Forschergruppe um Wolfgang Liedtke hat im Jahr 2011 den Natriumappetit einer näheren Untersuchung unterzogen. In dem Tierversuch wurde bei Mäusen durch Applikation des adrenocorticotropen Hormons (ACTH) ein Salz-Appetit induziert. Anschließend konnte mittels DNA-Chip-Technologie die Genexpression in den Nervenzellen des Hypothalamus analysiert werden.

In diesem Versuch wurden jene Genmuster durch die Stimulierung des instinktiven Salzappetits aktiviert, welche ebenfalls bei Kokain oder Opiat sowie einer Heroin-Sucht reguliert werden.

Der Salzappetit und die hedonische Neigung zum Salzgeschmack sind durch einen über 100 Millionen Jahre andauernden evolutionären Prozess entstanden.  Salz (NaCl) wird in der Lebensmittelindustrie aus technologisch bedingten Gründen und auch als Geschmacksverstärker eingesetzt.

 

Wieviel Salz ist ungesund?

Die WHO (World Health Organisation) empfiehlt eine maximale tägliche Salzzufuhr von 5 g (2g Natrium) pro Person und Tag (WHO Aktionsplan EUR/RC61/12; www.euro.who.int). In vielen Industriestaaten liegt die tatsächliche Salzaufnahme jedoch deutlich über dieser Menge.

Die Folge einer zu hohen Salzaufnahme sind unter anderem hoher Blutdruck und kardiovaskuläre Erkrankungen. Die WHO schätzt, dass mit einer Verringerung der Salzaufnahme von 10 g auf 5 g pro Tag die Gesamtschlaganfallhäufigkeit um 23% sowie die Zahl der Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 17% gesenkt werden können (WHO Aktionsplan EUR/RC61/12; www.euro.who.int). Wobei hier vorwiegend sogenannte „salzsensitive“ Menschen profitieren, also all jene die auf eine veränderte Speisesalzzufuhr mit einer Blutdruckveränderung reagieren. Neuere Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass Menschen mit einer täglichen Salzaufnahme von über 13,7 Gramm ein doppelt so hohes Risiko haben, an Herzinsuffizienz zu erkranken, als Menschen mit einer durchschnittlichen Aufnahme von 6,8 Gramm. Somit sollten dringend Strategien zur Vermeidung der Aufnahme großer Mengen Salz angedacht werden.

 

 

Wie gelangt das Salz in unseren Körper?

Um geeignete Strategien zur Salzreduktion entwickeln zu können, muss die Hauptquelle des Salzkonsums identifiziert werden. In der zu besprechenden Studie von Harnack und Mitarbeitern wurden von Dezember 2013 bis Dezember 2014 450 Erwachsene aus drei geographisch unterschiedlichen Regionen der USA, Birmingham (n=150), Palo Alto (n=150) und Minneapolis-St. Paul (n=150) einbezogen. Das Kollektiv bestand zum gleichen Teil aus Männern und Frauen und war auf vier Ethnien aufgeteilt (Schwarze, Asiaten, Lateinamerikanern und Amerikanern mit europäischer Abstammung). Alle Teilnehmer waren zwischen 18 und 75 Jahren alt und gesund. Um genügend auswertbare Daten der Probanden zu sammeln, mussten diese einmal die örtlich einbezogene Klinik aufsuchen sowie vier telefonisch durchgeführte 24-Stunden-Recalls innerhalb von elf Tagen absolvieren.

Zusätzlich wurde an den Tagen der Recalls die äquivalente Menge an Salz, das zum Würzen und Kochen verwendet wurde, gesammelt. Die Studienautoren gehen davon aus, eine gute Datenlage über die Einnahme aus folgenden Salzquellen erlangt zu haben: Die Salzzugabe zu den Speisen direkt am Esstisch, Salz, welches zum Kochen verwendet worden ist, Salz im Leitungswasser, Salz als Bestandteil von Lebensmitteln, Salz, welches in Lebensmitteln beim Außer-Haus-Verzehr aufgenommen wird und Salz aus Nahrungsergänzungen.

Die mittlere Natriumaufnahme in dieser Untersuchung lag bei 3,5 g/Tag und ist damit um ca. 75% höher als die WHO-Empfehlung von 2,0 g/Tag. Die Natriumaufnahme war bei Männern um durchschnittlich 24% höher.

Weitere Unterschiede konnten für die Ethnie (höher bei Schwarzen und Asiaten im Vergleich zu Lateinamerikanern), die Schulbildung (je höher der Bildungsgrad, desto geringer die Salzaufnahme), den Lebensort und das Körpergewicht (höher bei Adipösen im Verhältnis zu Normalgewichtigen) festgestellt werden.

Hauptausschlaggebend für die Salzaufnahme war der aus geschmacklichen oder technologischen Gründen zugegebene Salzgehalt in Lebensmitteln, welche außer Haus konsumiert wurden (70,9%), gefolgt von der Salzaufnahme über den „natürlichen“ Anteil an Salz in den Lebensmitteln (14,2%), Salz, welches beim Kochen zugegeben wird (5,6%) und der Salzgehalt, der zum Verfeinern von Speisen in den eigenen vier Wänden verwendet wird (4,9%). Vor allem jüngere Menschen (18 bis 24 Jahre) hatten aufgrund ihres Lebensstils einen besonders hohen Anteil an Salz aus Lebensmitteln, die außer Haus konsumiert wurden (75,0%).

In den genannten Ergebnissen wurde festgehalten, dass mehr als zwei Drittel des zugeführten Salzes direkt aus verarbeiteten Lebensmitteln stammt. Dies ist insbesondere besorgniserregend, da dieser Salzanteil für viele Konsumenten aufgrund mangelnden Wissens sowohl optisch als auch gustatorisch verborgen bleibt.

 

Zusätzlich fehlt in weiten Teilen der Bevölkerung das Bewusstsein für die gefährlichen Auswirkungen einer erhöhten Salzzufuhr und der damit assoziierten Auswirkungen auf den Organismus.

Die Ergebnisse zeigen klar, dass Maßnahmen, die auf eine Salzreduktion und die damit einhergehenden positiven Effekte auf Hypertonie und kardiovaskuläre Erkrankungen hinzielen, nur unter Reduktion des industriell zugegebenen Salzgehaltes erfolgen können.

Zwar stellt das Nachsalzen der Speisen am Tisch oder der übermäßige Salzeinsatz beim Kochen vor allem bei salzsensitiven Hypertonikern sicherlich einen ernährungstherapeutischen Aspekt dar, jedoch sollte das Hauptaugenmerk edukativer Maßnahmen auf der Vermeidung von industriell bedingten hohen Salzmengen liegen.

Wie aus den Daten abzuleiten ist, hängt eine vermehrte Salzaufnahme mit einem niedrigen Bildungsstand zusammen. Es ist daher sinnvoll, genau dieses Kollektiv an Menschen mit Maßnahmen bei der Salzreduktion zu erreichen. Vor allem die Wissensvermittlung zum Thema Salz stellt sicherlich einen interessanten Ansatz im Bereich „Public Health“ dar. Es geht darum, die Menschen auf die Folgen eines vermehrten Salzkonsums aufmerksam zu machen. Zusätzlich profitieren meiner Erfahrung nach viele Betroffene von einem Geschmackstraining. Salz, welches beim Kochen verwendet wird, kann sehr gut durch den richtigen Einsatz von Kräutern weitestgehend substituiert werden. Salzreduktionsmaßnahmen mit weitaus größerer Reichweite sind nur im Konsens von Industrie und Politik zu treffen und sollten auf den beigemengten Salzgehalt von Lebensmittelprodukten abzielen.

Derzeit stellt jodiertes Speisesalz nach wie vor eine wichtige Jodquelle dar, daher sollte bei Salzreduktionsmaßnahmen immer auch die Sicherstellung einer adäquaten Jodzufuhr bedacht werden.

Selbst du erfolgreiche Salzreduktionsmaßnahmen ist derzeit mit keiner suboptimalen Jodversorgung zu rechnen.

Quelle: Nutrition, Markus Györgyfalvay